Es gibt Geschichten, die kann man sich spannender kaum ausdenken!
Ein Geschenk für alle, die das Privileg bekommen, sie erleben zu dürfen.
Eingestaubt, ausgestopft, abgehängt. Keine gute Geschichte beginnt so?
Doch, diese hier:
Ein altehrwürdiges Naturkundemuseum erfindet sich gänzlich neu, streift das alte Gebäude ab wie eine zu eng gewordene Schlangenhaut und begibt sich auf die Suche nach einer neuen Behausung, neuen Idee, neuen Gestaltung, gänzlich neuen Perspektiven, neuen Emotionen, neuen Geschichten. Also einmal alles neu bitte. Und das mit zum Teil Millionen Jahre alten Exponaten. Genau so schreibt sich eine spannende Ausstellungs-, Gestaltungs- und Designgeschichte quasi wie von selbst.
Profis schmunzeln wissend bei Fragen wie: Was braucht ein solches „Museum von morgen“? Wie viel Erlebnis und „Wow-Effekte“ vertragen Bildung, Forschung und Bewahrung? Was bleibt real, was wird virtuell, was digital? Steckt der Teufel eher im Detail, oder doch in der Glasvitrine? Kluge Fragen. Aber die wichtigste Frage ist hierbei noch gar nicht gestellt.
Ein Mammut-Projekt lernt laufen.
Die Geschichte beginnt wie jede andere gute Geschichte auch: Irgendwie eher klein, beinahe nebenbei. Aber dennoch ganz bewusst und gewollt, denn es ist vor allem auch seine Geschichte: Dr. Ronny M. Leder, der Direktor des aktuellen Naturkundemuseums trifft sich 2017 mit Museologen, Gestaltern, Kreativen.
Sein Kopf: Voll verrückter Ideen und Visionen. Seine Mission: Finde eine gute Design-Agentur als kreativen Partner für alles, was kommt. Sein Traum: Ein großes, topmodernes Naturkundemuseum in Leipzig bauen. Ein Leitmuseum, das in die Welt strahlt. Ein Ort für die riesengroße und bisher größtenteils ungezeigte Sammlung weltweit bedeutender Exponate. Das neue, große Naturkundemuseum Leipzig.
Neue Ideen brauchen Platz
Den gibt es nicht mehr am ehemals besten Museumsplatz der Stadt. Eine größere, barrierefreie, inspirierende, überraschende Herberge für künftiges „WOW & AHA“, denn ein neues Museumsgebäude ist weit mehr als nur eine neue Hülle. Es wird auf Jahrzehnte, vielleicht Jahrhunderte Magnet für nationale und internationale Besucher sein. Ein Anziehungspunkt für kluge Experten und neugierige Laien, ein künftiger Ort des Staunens und Erlebens also, der von Beginn an tragen muss, was heutigen und künftigen Gestaltern alles so einfallen wird. Denn was morgen noch spektakulär ist, kann schon übermorgen peinlich wirken.
Den Schlüssel zum neuen Museumsgebäude schmiedet man im Stadtrat. Und hier kommt sie, die zunächst wichtigste Frage: Wie überzeugt man die Leipziger Stadtväter? Denn vor all den wissbegierigen Kinderaugen oder skeptischen Wissenschaftlern gibt es diese eine Zielgruppe, an die so bisher niemand gedacht hat.
Lasst uns also die Stadt überzeugen
9 von 10 Entscheidungen trifft der Mensch aus dem Bauch, der Kopf gaukelt uns dann vor, wir hätten bewusst und rational entschieden. Alles Pustekuchen! Alles nur Intuition und gutes Bauchgefühl. Und dieses gute Gefühl brauchen die Stadträte 2017, um es hoffentlich postwendend als Wind unter die Projektflügel des Museumschefs blasen.
Überzeugt man Stadträte mit Konzeptpräsentationen und großen Worten? Vielleicht. Besser noch, man macht die Zukunft einfach begehbar! Man weckt die Lust am Hinschauen und Hingreifen. Man zeigt, statt zu erklären: Dimensionen, Raum, Installationen, Ideen. Virtual-Real inszeniert.
Pures Kopfkino.
Und alle sitzen in Reihe eins: Bürgermeister und Stadträte, Skeptiker und Befürworter. Die Geburtsstunde für ein bisher beispielloses, kommunalpolitisches Novum: Statt großer Worte und Beamerpräsentation haben wir Dr. Leders Ideen im virtuellen Raum begehrbar und das neue Museumskonzept für jeden Stadtrat persönlich als „Einzelführung“ erlebbar gemacht.
Und noch ein Superlativ hinterher: Sein mutiges Konzept für das Naturkundemuseum erhält 100% Zustimmung im Stadtparlament. Einstimmig. Gefolgt vom Stadtratsbeschluss „Wir bauen das neue Naturkundemuseum Leipzig!“. Wow.
Leipzig ruft, Europa kommt.
Mit dem europaweiten Design-Wettbewerb wird aus einer Stadtmeisterschaft plötzlich die Champions League. Über 30 Design-Agenturen aus ganz Europa treten an, das beste Konzept für das neue Naturkundemuseum Leipzig will geschrieben und gefunden werden. Und KOCMOC mittendrin.
Jetzt also: Gutes noch besser machen, weiter am Konzept feilen, neue Dimensionen erzeugen. Designer, Ausstellungsgestalter, Architekten, Media-Designer, Kommunikations- und VR-Profis werden zu begeisterten Naturkundlern. So wie fünf weitere Agenturen auch. Ein harter, aber fairer Wettstreit um das beste Konzept, präsentiert vor der Stadt und dem Naturkundemuseum , mit starken Worten von Direktor Dr. Leder für den Wettbewerbssieger:
„Da spürt man, wie sehr sich die Mitarbeiter von KOCMOC mit dem Projekt identifizieren und für `ihre Stadt` ein Naturkundemuseum gestalten wollen.“
(LVZ, 21.02.2018).
Oh, Dankeschön!
Ran an die Arbeit
Mit diesem Konzept im Gepäck sind wir also seit 2018 fester Bestandteil des Ausstellungsteams, entwickeln zwischen wöchentlichen Jour Fixes und Recherche-Reisen in europäische Leitmuseen den Markenkern und Design-DNA des neuen Naturkundemuseums.
So arbeiten wir. Das brauchen wir! Als Kreativ-Schablone für all jene Darstellungsformen, die so gar nicht Standard sind.
Wo beispielsweise gab und gibt es bereits eine derart ungesehene und bildgewaltige Verbindung aus Naturgeschichte, Menschheitsgeschichte und regionaler Geschichte:
Wir projizieren ein Mammut, dessen Skelett zu Beginn des 20. Jahrhunderts in der Nähe von Borna entdeckt wurde, auf Nebel. Es bewegt sich zunächst in seiner urzeitlichen Lebenswelt. Dann erfolgt ein Sprung in die Neuzeit. Der Betrachter wird plötzlich mit einem Knall an die Bombennächte des zweiten Weltkriegs erinnert. Diese Bomben fielen damals auch auf das Naturkundemuseum. Der Nebel verschwindet und die tatsächlich am Boden des Museum liegenden, verkohlten Mammutknochen werden sichtbar.
(Alexander Fleischmann, GF KOCMOC)
So viele Exponate. So viele Geschichten, die es wert sind erzählt zu werden. Wenn sich die Nahrungskette als kunstvoll in sich verschlungene Säule aus Tieren in den Himmel windet und so in Anlehnung an den weltberühmten Tierpräparator Herman H. mal ganz nebenbei die weltweit größte Skulptur aus Tierpräparaten entsteht.
What`s next?
Was macht ein „Perspektiven-Generator“ aus leblosen Präparaten? Virtual Reality oder alles nur Zukunftsspinnerei? Welche Wirkung entsteht? Von welcher Stelle im Museum sieht man künftig welche Bestandteile? Gibt es Stellen, die unlogisch sind?
In einer digitalen Entwicklungsumgebung kann Museumsdirektor Dr. Leder nun bereits Jahre vor Eröffnung jedes Detail der dargestellten Tiere, jede Bewegung und die Gesamtdynamik der Skulptur variabel ausprobieren, Präparatoren und Kuratoren betrachten so die riesige Skulptur mit Virtual Reality eins zu eins aus allen Perspektiven.
Selbst Raumplaner simulieren nun die Perspektive der kindlichen Wahrnehmung und versetzen sich Dank VR in die vielen kleinen, künftigen Besucher. Oder in die der Rollstuhl-fahrer. Neue Perspektiven. Neue Blickwinkel. Wirkung auf allen erdenklichen Ebenen.
So, und wie war das noch mit den „Neuen Ideen“ und dem fehlenden Platz? Dem neuen Gebäude für „WOW & AHA“? Gibt es das schon? Nein! Aber all unsere Tools und Ideen helfen bei der Suche danach: Ist diese Immobilie geeignet? Passt die große Eisschollenvitrine in jene Räumlichkeit? Hält die Geschossdecke unserer meterhohen Tiersäule stand?
Diese Geschichte ist also längst noch nicht auserzählt…