Recycling für das „Museum auf Zeit“
Die alte Fabrikantenvilla des GlockenStadtMuseum Apolda wird umgebaut. Für die Zeit des Umbaus soll eine Interimspräsentation entstehen. Aus Kostengründen und vor allem aus Gründen der Nachhaltigkeit wünscht der Auftraggeber, dass die Elemente der Vorgänger-Ausstellung wiederverwendet werden.
Die Vorgänger-Ausstellung ist die IBA-Präsentation ›StadtLand – von Thüringen lernen‹.
Zur Wiederverwendung stehen ca 100 qm Wandpanels aus Holz (Dreischichtplatten) und verschiedene Ständerkonstruktionen aus Metall zur Verfügung.
Bild: Die Ausstellung ›StadtLand – von Thüringen lernen‹ der IBA Thüringen soll recycelt werden …
So gingen wir vor
Planung, Teil 1
- Zunächst planten wir die neue Ausstellung in enger Anlehnung an die bestehende IBA Ausstellung. Prägend für die Bestandsausstellung sind direkt bedruckte Holz-Panels, die zu großen Baukörpern zusammengefügt werden. Unsere Planung sieht daher vor, dass auch die neue Ausstellung aus großen geometrischen Baukörpern bestehen wird.
Demontage-Test und Aufmaß
- Wir untersuchten, ob sich die IBA-Ausstellung überhaupt zerstörungsfrei demontieren lässt. Dazu demontierten wir testweise Teile der Ausstellung in ihre Einzelteile.
Entfernung der Drucke
Anschließend untersuchten wir, ob die vorhandene Bedruckungen entfernt werden können. Die Ausstellungselemente waren einerseits mit bedruckten Aufklebern beklebt. Andererseits waren die Panels im Plattendirektdruck bedruckt.
Wenig überraschend: Beim Abziehen der Aufkleber stellen wir fest, dass das Holz unter den Aufklebern anders aussieht, es ist nicht vergilbt.
Die bedruckten und vergilbten Oberflächen wurden abgeschliffen, um eine einheitliche Optik zu erzeugen und neue Drucke aufbringen zu können …
Planung, Teil 2
Unser Ziel war es, die alten Holz-Panels weitestgehend wiederzuverwenden. Sorgfältige Planung ermöglichte, dass nahezu alle Holz- und Metallbau-Elemente der alten Ausstellung wiederverwendet werden konnten.
Die alten Elemente kombinierten wir zu neuen Modulen.
Neue Anforderungen
Neue Ausstellungen haben neue Anforderungen und brauchen neue Elemente: Wir ergänzten daher beleuchtete Wand-Vitrinen, integrierte Diabetrachter und Medientechnik.
Gänzlich neue Ausstellungselemente, wie die Präsentation der Glocken, wurden aus Holz mit vergleichbarer Optik umgesetzt.
Diabetrachter aus dem 3D-Drucker
In der neuen Ausstellung gibt es viele historische Fotos, die teils durch „Diabetrachter“ präsentiert werden.
Für die spezielle Nutzungssituation entwarfen wir „Diabetrachter“ und stellten sie auf unserem 3D-Drucker her.
Einige der Ausstellungselemente wurden komplett umgebaut:
Zunächst entfernten wir die alten Drucke auf den Panels und schliffen diese ab. Anschließend wurden die Panels im Plattendirektdruck neu bedruckt. Über die neu integrierte Medientechnik können nun Interviews abgerufen werden.
Resümee
Funktioniert das Recycling einer Ausstellung? Ja! Und wir ziehen ein positives Resümee! Folgende Erkenntnisse haben wir gewonnen.
1. Die Wiederverwendung von Elementen einer alten Ausstellung ist ein Risiko.
Zunächst muss sorgfältig geprüft werden, ob die Voraussetzungen überhaupt gegeben sind: Lassen sich die Elemente der alten Ausstellung zerstörungsfrei demontieren, neu zuschneiden und zusammenfügen?
Sind die Oberflächen noch ok oder lassen sie sich zumindest „reparieren“?
Können Aufkleber und Direktdrucke entfernt werden? Lassen sich die Panels anschließend mit neuen Inhalten zu bedrucken? Das muss vor dem Planungsphase durch Tests ermittelt werden,
2. Eine neue Ausstellung hat normalerweise auch neue Anforderungen.
Es muss geprüft werden, ob sich diese neuen Anforderungen integrieren lassen. In unserem Fall mussten beleuchtete Wand-Vitrinen, Diabetrachter und Medientechnik in die bestehenden Elemente integriert werden. Die großen Wandpanels mussten neu bedruckt werden. Einige Elemente wurden mit großen Schiebetüren ausgestattet. Die Umbauten konnten im Wesentlichen gut umgesetzt werden.
3. Die neue Ausstellung wird Ähnlichkeiten mit der alten haben.
Im hier beschriebenen Fall werden sind die einfachen Kubaturen der Ausstellungselemente und die besondere Materialität sehr gestaltprägend. Die neue Ausstellung hat vor allem ein völlig anderes Farbschema und eine sehr eigenständige Grafik, so dass sie aus unserer Sicht ausreichend „anders“ erscheint.
4. Reduktion der Realisierungskosten um 30%
Der Planungsaufwand beim Recycling ist höher und gestalterischen Spielräume sind geringer. Diesen Nachteilen stehen die Ersparnisse in den Realisierungskosten (in unserem Fall ca. 30%) gegenüber.